Pamela Quack

„Es hätte mein Bruder sein können“

Pamela Quack (23) setzte sich für einen Schüler ein, der von einer Gruppe junger Männer verprügelt wurde. Sie mischte sich ein, die Männer flüchteten. Für Ihren Mut wurde sie für den „XY-Preis“ nominiert, mit dem Bürger ausgezeichnet werden, die im Alltag Zivilcourage zeigen.

Im Gespräch mit dem ECHO schildert die junge Frau den verhängnisvollen Nachmittag im November 2011. Sie fuhr mit dem Bus von ihrer Arbeitsstelle in Darmstadt zu ihrem damaligen Wohnort in Büttelborn. „In Weiterstadt sind fünf oder sechs Jungs eingestiegen und haben sich hinter mich gesetzt.“ An der Büttelborner Haltestelle „Volkshaus“ seien zunächst die Jungen ausgestiegen und dann sie selbst. „Sie haben einen anderen Jungen auf das Übelste beschimpft“, sagte Quack. Dadurch sei sie auf die Situation aufmerksam geworden. Anstatt nach Hause zu gehen, lief die damals Einundzwanzigjährige der Gruppe hinterher.

Als einer der Täter den Jungen von hinten schlug, habe sie laut „Hört auf“ geschrien, woraufhin die jungen Männer wegrannten. „Ich habe nicht gesehen, dass der Junge zu Boden gegangen ist“, erklärte sie. Etwa 700 Meter rannte Quack den Männern hinterher – bis sie einsah, dass sie diese nicht einholen konnte. Aufgeregt fragte sie eine Anwohnerin, ob sie die Täter gesehen habe. Als diese verneinte, erkannte Quack jedoch im Sohn dieser Frau einen der Schläger wieder und notierte sich ihren Namen. „Um heimzukommen, musste ich noch einmal am Tatort vorbei“, sagte Quack. Zu dem Zeitpunkt waren Krankenwagen und Polizei schon da, um die Kopfverletzungen des Jungen zu versorgen und Zeugen zu vernehmen. Auch Quack gab ihre Informationen an die Beamten weiter.

Dass sie sich mit ihrem Einmischen möglicherweise selbst in Gefahr begeben hatte, darüber habe sie nicht nachgedacht. Sie würde es immer wieder tun. „Das Opfer hätte mein kleiner Bruder sein könne“, sagte Quack. Sie hätte in derselben Sitatuion auch gewollt, dass ihr jemand helfe.

Für den „XY-Preis“ habe sie ihr Freund, ein regelmäßiger Zuschauer der Fernsehsendung „Aktenzeichen XY ungelöst“, ohne ihr Wissen angemeldet. Die Geschichte hat das ZDF beeindruckt. Im März war Videodreh in München. „Der Dreh war superlustig“, sagte Quack. „Ich wurde wie ein rohes Ei behandelt, weil ich als einzige Darstellerin keine professionelle Schauspielerin war.“ Anfang Mai wurde der Film in der Sendung „Aktenzeichen XY ungelöst“ ausgestrahlt.

„Eine Jury entscheidet im Herbst über drei Gewinner“, erläuterte die junge Groß-Gerauerin. Der Preis werde am 5. November in Berlin verliehen. Außerdem werden die Sieger in eine Live-Ausgabe der TV-Sendung „Aktenzeichen XY ungelöst“ eingeladen. Für die 10 000 Euro Preisgeld, die die Gewinner erhalten, hätte die junge Frau auch schon Pläne: „Ich weiß schon, was ich damit machen würde“, sagte sie mit einem Strahlen im Gesicht, „ein Auto kaufen“.

Zu dem Opfer der Prügelattacke habe Quack bis heute Kontakt. „Wir sehen uns immer mal wieder im Bus“, sagte sie. Der heute 19 Jahre alte Abiturient und dessen Eltern haben sich mit einem Weihnachtsgeschenk bei Quack bedankt. Der Täter sei lediglich zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Für Pamela Quack, die als Zeugin geladen war, sei dies unverständlich, da der Mann bereits polizeibekannt war.

Seit 2002 wird der unter der Schirmherrschaft des Bundesinnenministers stehende „XY-Preis“ einmal im Jahr von der Fernsehsendung „Aktenzeichen XY ungelöst“ an Personen verliehen, die sich in besonderer Weise um das Wohl ihrer Mitmenschen verdient gemacht haben.